Viele von meinen Klientinnen sind berufstätige Mütter. Mit anspruchsvollen Jobs, die sie herausfordern. Inhaltlich und persönlich. Aber das ist nicht die einzige Herausforderung – wer Kinder hat, weiß, wovon ich spreche. Und der ganze Rest – Organisation, Haushalt, Sozialleben …
Ja, wir leben im 21. Jahrhundert und sind alle für Gleichberechtigung. Aber die Realität sieht meist anders aus, aus welchen Gründen auch immer. Alles Mögliche bleibt an den Müttern hängen.
Meine Klientinnen wissen meist gar nicht, wo ihnen der Kopf steht. Was ich ganz oft höre: „Ich habe dauernd ein schlechtes Gewissen“.
Objektiv gesehen gibt es keinen Grund dazu. Es ist bewundernswert, was sie alles stemmen. Aber das sehen sie anders. Sie leiden unter dem Gefühl der permanenten Unzulänglichkeit.
Ist mir im Job ein Fehler unterlaufen? Hätte ich das anders machen sollen? Habe ich etwas Falsches gesagt?
In Bezug auf die Kinder fragen sie sich immer wieder, ob sie eine gute Mutter sind. Weil sie den Kopf voll haben, gestresst sind und die Kinder auch mal anschreien. So wie wir alle.
Es ist nicht überraschend, dass sie gestresst sind. Sie versuchen es ständig allen recht zu machen. Vorgesetzten, Kollegen, Kunden, den Kindern. Und vergessen sich selbst dabei.
Ganz egal, wie frech und fordernd die lieben Kleinen sind – sie bekommen alles, was sie sich wünschen. Denn nein sagen ist schwer und kostet Kraft, keine Frage. Das kann ich als Mutter bestätigen. Dazu hat man oft keinen Nerv.
Mal eine Auszeit mit der Freundin? Erlauben sie sich nicht. Das schlechte Gewissen. „Die Kinder brauchen mich doch“. Und was ist mit dem Papa? „Den kann ich doch nicht mit den Kindern allein lassen. Das endet im Chaos.“
Im Job Grenzen setzen? „Fällt mir schwer.“
Irgendwann sind Stress und Unzufriedenheit so groß, dass sie zu mir kommen, weil sie einen Weg hinaus aus diesem Teufelskreis suchen. Den finden wir auch und der ist ganz individuell.
Aber so unterschiedlich die Ursachen bei jeder einzelnen Klientin sind, gibt es doch Parallelen. Wir entdecken vielleicht, wie sehr die eigene Mutter sie geprägt hat. Die hat es nämlich häufig genauso gemacht und sich selbst an letzte Stelle gesetzt.
Zeit, das zu ändern!
Was wollen wir unseren Kindern vorleben? Dass es die Aufgabe einer Mutter ist, sich zu opfern, ihre Interessen unterzuordnen und kein eigenes Leben zu haben? Damit die Töchter es später genauso machen und das Frauenbild der Söhne entsprechend geprägt wird? Das ist nicht im Interesse der Kinder.
Wer mehr auf sich selbst achtet, nein sagen kann und Dinge für sich tut, ist weniger gestresst, besser gelaunt und den Kindern ein Vorbild dafür, dass auch Mütter ein eigenes Leben und ein Recht auf Lebensfreude haben.
Eine Frau, die ihren Kindern das vorlebt und ihnen zeigt, wie wichtig es ist, auf die Kinder UND auf sich selbst zu achten, ist eine gute Mutter. Und welches Kind fühlt sich schlecht, weil die Mama gut drauf ist?